Close
 
9
allestabak.tv

Zigarre in Österreich

Die Austria Tabak bemüht sich verstärkt um die Zigarre (01.04.2019 - 19:36:42}

Der Zigarrenmarkt in Österreich

Kapitel 4/10


Die Austria Tabak bemüht sich verstärkt um die Zigarre


Es war eine groß angelegte Steuerreform, die 1975 wieder Bewegung in den Zigarrenmarkt brachte. Zum einen wurde die Mehrwertsteuer von 13,79 auf 15,25 Prozent angehoben. Gleichzeitig mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer, die sich wesentlich auf den Zigarettenpreis auswirkte, wurde aber auch - nach wiederholten Anträgen beim Finanzministerium - der international weit überhöhte Tabaksteuersatz für Zigarren von 34 auf 13 Prozent gesenkt. Berücksichtigt man die neuen Sätze der Mehrwertsteuer, so lag die Gesamtsteuerbelastung der Zigarre damit bei 28,25 Prozent. Laut Einschätzung der Austria Tabak entsprach dies damals in etwa der Steuerbelastung in der (damaligen) BRD, lag jedoch noch immer deutlich über den Belastungen in den Niederlanden oder der Schweiz. Die Idee dieser Tabaksteuersenkung bei Zigarren war schon, die seit Jahren rückläufige Entwicklung des Zigarrenabsatzes zu stoppen und eine Trendwende einzuläuten. 1

 

Zu diesem Zeitpunkt hatte Kaspar Plattner schon seinen Großhandel gegründet. Natürlich noch ohne Braunware. KP Plattner startete 1972 mit dem Großhandel für Feuerzeuge. Sein Vater erhielt als Kriegsinvalide eine Trafik in Innsbruck, wo Kaspar Plattner anfangs mitarbeitete. Ein Kunde, der als Werbegeschenke eine größere Menge an Feuerzeugen benötigte, brachte ihn auf die Idee, einen Großhandel damit zu starten. Was in einer Privatwohnung begann, entwickelte sich zum größten Großhändler mit Nebenartikel. Zu Beginn, so erzählte Kaspar Plattner, war auch die Firma Moosmayr ein großer Kunde bei ihm. Direktimporte gab es damals nicht, weil Österreich ja nicht Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes war. Man musste also über die Schweiz importieren. Die Zollbelastung lag bei 25 Prozent. Plattner jedoch sorgte sich von Anfang an um ein Zollfreilager. Die Pakte durfte auch nicht mehr als 1.000 Schilling Wert beinhalten. Man kann sich vorstellen, was die Post da täglich an Paketen liefern musste.

1970 schon hatte Ernst Schneider in der Schweiz für die Oettinger AG das Geschäft von Zino Davidoff übernommen sowie alle Rechte an dem Markennamen „Davidoff". Kaufpreis: 4 Millionen Schweizer Franken. 1972 konnte Davidoff die ersten Zigarrenhändler in der Schweiz von der Idee des Depositärsystems überzeugen. Die Umsetzung begann kurze Zeit später beginnend in Belgien, Deutschland und England. 1973 wurde das erste „Davidoff Flagship Store", das nicht in der Schweiz lag, in Brüssel eröffnet. 1a

 

Was den Zigarrenverkauf der Austria Tabak im folgenden Jahr (1976) betraf, so konnte der schon länger anhaltende rückläufige Trend auch in diesem Jahr nicht gestoppt werden. Das Umsatzminus lag mit 7,6 Prozent in etwa gleich hoch wie in den beiden Jahren zuvor. Bei den Lizenzmarken sorgten die holländische Livarde und die Clubmaster von Arnold Andre für ein günstigeres Gesamtergebnis.
Damals rauchten sie alle Zigarren - die Lieutenants und Inspektoren in US-Krimis, die Cowboys in den Western-Serien auf den Kinoleinwänden. Aber erst die wirtschaftliche Voraussetzung schaffte für Austria Tabak die Möglichkeit, wieder mehr für die Zigarre zu tun. Prompt wurde 1975 auch ein Zigarren-Promotion-Team gegründet, dessen Koordinator Sebastian Zimmel war. Zimmel erinnert sich: „Das Sortiment der ATW bestand in den 1970er Jahren aus ca. 30 Zigarren. Bemerkenswert dabei war, dass sämtliche Zigarren durch Rundbohrung rauchfertig gemacht waren, bevor sie in den Verkauf gingen."

 

Zimmel arbeitete von 1975 bis 1996 für Austria Tabak, gründete dann mit der Liberalisierung auf Drängen von Georg Vacano, dem Gründungsmitglied des VCPÖ, seinen eigenen Großhandel. Bevor er 2008 den Großhandel (die Vertriebsrechte an den Marken) an tobaccoland verkaufte, brachte Zimmel Zigarren von Carlos Torano, Raymondo Bernasconi, die NUB, Oliva oder die Balmoral von Agio Cigars nach Österreich. In Sachen Accessoires hatte Zimmel eine spezielle Vereinbarung mit coiba.es aus Spanien.

 

In den 1960er Jahren hatte die ATW noch fast 100 Millionen Zigarren absetzen können, in den letzten Jahren vor der Steuerreform waren es nur noch um die 63 Millionen Stück. Und die ATW hatte sich einiges vorgenommen: eine Reihe neuer Marken sollten dem neuen Zigarrentyp entsprechen - leicht, schlank, langes Format - und damit auch ein jüngeres Publikum ansprechen. Mit der Capriole war damals gerade ein elegantes, mittellanges Zigarillo in Vorbereitung. Für die Zigarrenraucher gab es einen großen Wettbewerb. In damals in den Trafiken aufliegenden Broschüren waren Rückantwortkarten integriert, auf denen die Konsumenten angeben konnten, welche neuen Marken und neuen Packungen ihnen am meisten gefallen. 100 Gewinner, die aus den Einsendungen gezogen wurden, durften sich über eine Zigarren-Geschenkkassette freuen.
Angekündigt war überdies ein „Cigarrenbrevier" (wohl in Anlehnung an das gleichnamige Büchlein von Zino Davidoff) - herausgegeben wurde es später als „Cigarrenfibel".

 

Diese „Cigarrenfibel" war „allen Liebhabern einer guten Cigarre und auch jenen, die entdecken wollen, dass es der Gründe viele gibt, die für eine gute Cigarre sprechen" gewidmet. Ein schmales Heftchen von etwa 36 Seiten im Format A5 wurde hier vorgelegt. Das kleine Buch „soll aber nicht von Menschen erzählen, die Cigarre rauchen, sondern Menschen vom Cigarrerauchen." Los geht's in dem Brevier mit dem Titel „Cigarren im Brennpunkt" mit den schon aus Kapitel 1 dieser Serie bekannten historischen Ereignissen rund um Christoph Kolumbus, die Maya, Jean Nicot und Sir Walter Raleigh. Weiter ging es mit dem österreichischen Tabakmonopol und dem ersten Zigari-Tarif.
„Die ersten Zigari-Raucher rauchten ihren Tabak auf eine ungewohnte Art und Weise - nämlich direkt im Mund und nicht in der Pfeife -, sie führten auch eine neue Sitte ein, besser Unsitte, die sogleich eine amtliche Stellungnahme nach sich zog: „Die Konsumenten gehen mit dem Verbrauch dieses Zigari-Tabaks sehr unwirtschaftlich zu Werke, indem sie den unverzehrten Rest der gerauchten Sorte geringschätzig fortwerfen." War es das prickelnde Erlebnis, den Tabak im Mund zu rauchen, die verschwenderische Geste, den Stummel wegwerfen zu können oder der ganz bedeutende Genuss - die Zigari erfreute sich jedenfalls zunehmender Beliebtheit. (Wir sprechen dabei von den 1820er Jahren.)
Die „Cigarrenfibel" der Austria Tabak erklärte in der Folge die Formate für Cigarren und beschrieb dann den Prozess der Produktion - anschaulich illustriert mit Zeichnungen aus den 1840er Jahren. Am Ende wirft man einen Blick auf die maschinelle Cigarrenproduktion. Zum Schluß gibt es noch eine kleine Einführung in die Art, wie man Cigarren anzündet und raucht. Diese Cigarrenfibel war u.a. auch Schulungsmaterial für die Trafikantenszene.

 

Das vorhin erwähnte Promotion-Team Zigarre hatte sich zur Aufgabe gestellt, neue Fabrikate zu entwickeln, ausländische Zigarren in Lizenz zu nehmen, neue Exportmärkte zu erschließen sowie werbliche Maßnahmen zu ergreifen zur Hebung des Images der österreichischen Zigarre. Erstes Ergebnis waren eine Reihe neuer Verpackungen für Zigarren. Die Rittmeester Livarde und Handelsgold Clubmaster (Von Arnold Andre zusammengestellt, gibt es hier eine kleine Geschichte der Clubmaster.) wurden in Lizenz produziert. Und in Fürstenfeld sollten Panatellas, Half Panatellas, Brasil Zigarillos und die „Slim Jim" hell und dunkel produziert werden. Man suchte intensiveren Kontakt zu Importeuren. Die „Cafe Creme" und die „Brasil Dannemann Pierrot" wurden importiert, ebenso wie die Montecristo No.3, die Lieblingszigarre von Fidel Castro, eine Havanna-Zigarre der gehobenen Qualitätsklasse. Dazu gesellte sich eine schwere Jamaika-Zigarre - die Macanudo.


Bei der Ankurbelung des inländischen Zigarrenkonsums musste man aber schnell erkennen, dass die klassischen werblichen Maßnahmen wie man sie bei der Zigarette anwendete für die Zigarre nicht stimmig waren. Dem Zigarreraucher, eher ein Individualist, musste man auch individuell begegnen - etwa beim Besuch in der Trafik. Produktionsseitig legte man zwei altösterreichische Zigarren neu auf - die „Imperiales" und die „Selectos".
Der Zigarrenspezialist der Austria Tabak hieß damals Friedrich Hinterndorfer. Man schickte ihn durch die Lande, um Informationen über das verfügbare Zigarrensortiment in einzelnen Märkten zu sammeln. Zu Hause präsentierte Marketingspezialist Lothar Kloimstein derweil die Erfolge der ersten zwei Jahre aus dem Projektteam Zigarre: das Image der Zigarre sei dank der werblichen Maßnahmen wieder im Steigen, man konnte Zigarrentypen von außerordentlicher Qualität am Markt einführen und in Packungen präsentieren, die dem internationalen Standard voll entsprechen würden. Um von einem Aufschwung sprechen zu können, sei es aber noch zu früh, so Kloimstein, aber die Richtung stimme. Ende 1976 umfasste das Sortiment der Austria Tabak 27 eigene Marken sowie 5 Lizenz- und 8 Importmarken. Der Abwärtstrend konnte immerhin ein wenig eingebremst werden - das Umsatzminus lag bei 2,4 Prozent.


Und man werde den Weg 1977 fortsetzen, bekräftigte Kloimstein. So wurde für die Wiener Herbstmesse das Spitzenprodukt „Coronas" angekündigt. Weiters wurde die „Carmen y Jose" nicht nur in einer 10er-Schachtel auf den Markt gebracht, sondern - und das war ein Novum für Österreich - erstmals auch in einer handlichen Etuipackung zu 5 Stück. Kloimstein dazu: „Wir hatten in den letzten 30 Jahren bei der Herausbringung einer neuen Zigarre niemals einen so durchschlagenden Umsatzerfolg wie mit dieser neuen „Carmen"." Und er kündigte an, dass Austria Tabak diese Marke auch internationalisieren wolle. 2
Schweizer, Deutsche und Italiener würden sich schon dafür interessieren. Nach Kloimsteins Dafürhalten hatte die „Carmen" (im Panatelas-Format) gute Chancen, sehr rasch in allen Duty-free-Shops auf Flughäfen verbreitet zu werden. Für Weihnachten 1977 wurden die „Selectos Sumatra" und die „Selectos Brasil" angekündigt sowie die „Imperiales". Die drei Formate gehörten zur gehobenen Preis- und Qualitätsklasse, wurden in Fürstenfeld per Hand gefertigt und einzeln mit einer Zederholzfolie umhüllt. Geschenkkartons und Mahagoniholz-Kassetten sollten schließlich einer Weihnachtsaktion, die zum Kauf von Zigarren animieren sollte, zum Durchbruch verhelfen.


Ende 1977 war das Zigarrensortiment der Austria Tabak leicht angewachsen. Es bestand aus 31 eigenen Marken, 5 Lizenz- und 11 Importmarken. Das Umsatzminus war ebenfalls wieder leicht gestiegen - auf 4,8 Prozent.
1978 wurde dann die erste boxpressed Zigarre aufgelegt - die „Porto Especial" mit einem feinen Sumatra-Deckblatt und einer Einlage aus „besonders abgestimmten Überseetabaken". Die Vierkantpressung war ebenso neu wie das eingezogene, gerade beschnittene Mundende, womit die Zigarre rauchfertig war. Jede Zigarre war überdies beringt. Die Cellophanumhüllung war mit einem Aufreißfaden ausgestattet. Die „Porto Especial" war schlanker und kürzer als andere Sumatra-Zigarren und sollte so den Wunsch nach einem kurzen Smoke zwischendurch befriedigen. 3


Wenn wir hier von „Beringung" einer Zigarre sprechen, dann verweist dies auf die klassische Bauchbinde oder Banderole, die seit ihrer Erfindung durch Gustav Bock im Jahre 1854 nicht mehr aus dem Zigarren-Marketing wegzudenken ist. Es muss darauf hingewiesen werden, dass zur damaligen Zeit den Zigarrenherstellern wenig effektive Möglichkeiten im Kampf gegen ihre Konkurrenten zur Verfügung standen. Die  Bauchbinde war dagegen eine der effektivsten Marketing-Strategien ihrer Zeit. Bis zur Einführung der  Bauchbinde mit den Logos des Herstellers und der Zigarrenmarke gab es so gut wie keine Möglichkeit, die Zigarren in den Kisten und aus den Ledersäcken zu identifizieren. Einzige Ausnahme bildeten die  Aufschriften auf der Kiste und auf dem Sack. In den Läden wurde die Zigarre direkt aus dem Sack mit der  Aufschrift verkauft, und ab diesem Moment verlor sie eigentlich ihre Bezeichnung. Um beim Konsumenten den Geschmack für eine Lieblingsmarke zu entwickeln, erfand Gustav Bock die  Bauchbinde. Mit Hilfe der Bauchbinde konnte der  Hersteller den Konsumenten an den Namen seiner Zigarrenmarke gewöhnen und mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er dieser fürderhin treu blieb. 3a


Ebenso neu war die „Capriole Sumatra". Das Sortiment war bis Ende 1978 weiter angewachsen. Die Austria Tabak verfügte mittlerweile über insgesamt 49 Marken, um zwei mehr als im Vorjahr. Die Verkaufserlöse der Zigarren beliefen sich 1978 auf 51,5 Millionen Schilling, das Umsatzminus stieg wiederum auf 5,4 Prozent und betrug insgesamt 138 Millionen Schilling. Hoffnung schöpfte die Austria Tabak aus der Tatsache, dass man beim Absatz eine Verlagerung hin zu höherpreisigen Marken beobachten konnte. 4
Die anhaltende rückläufige Umsatzentwicklung war aber beileibe kein österreichisches Phänomen. Kaum einem anderen europäischen Land erging es besser. Da war man bei der Austria Tabak schon stolz, dass man diesen Trend 1979 ein wenig bremsen konnte. Immerhin konnten wieder 51 Millionen Stück Zigarren verkauft werden.

 

Austria Tabak zog in der Folge nahezu alle Register des Marketings. So wurde für den Vatertag 1980 eine neue Luxuszigarre kreiert, die „Imperiales Superiores", die in Fürstenfeld hergestellt wurde, aus feinsten Havanna-, Java- und Sumatra-Tabaken bestand und zu je 20 Stück in einem dunkel gebeizten Holzkistchen präsentiert wurde. Der Stückpreis lag damals bei 30,- Schilling. Bei der Gala-Präsentation im Hotel Imperial traf sich das Who is who der österreichischen Politik, Kultur und Wirtschaft - u.a. Vizekanzler Hannes Androsch, Filmregisseur Franz Antel, die Volksanwälte Franz Bauer und Gustav Zeilinger, Industriellenpräsident Hans Igler, Manfred Mautner-Markhof, Adolf Frohner, Robert Jungbluth, Generalsekretär des Bundestheaterverbandes, Richter-Präsident Walter Schuppich, PSK-Gouverneur Kurt Nößlinger, Chefredakteur Karl Pisa vom Wirtschaftsverlag und Rechnungshofpräsident Tassilo Broesigke - „nur Fidel Castro fehlte im Imperial" titelte der Kurier am 18.Juni 1980. 5
Daneben legten die Austria Tabak aber auch eine Kiste mit 25 Stück „Spezial Regie Virginier" auf - abgefüllt in einer Runddose und mit einer kleinen Broschüre, die Auskunft über den Werdegang der Virginier gab. Käufer von 10er-Packungen „Coronas" und „Selectos" erhielten gratis eine Alu-Einstecktube dazu.
Ende 1980 belief sich das Umsatzminus trotz aller Anstrengungen noch immer auf 2,6 Prozent. Der größte Anteil dabei entfiel auf die Virginier, die wohl nicht mehr dem Geschmack der Zeit entsprach. Trotzdem versuchte die Austria Tabak gegen diesen Trend zu steuern, indem sie die „Anatol" auflegte. Es war dies eine leichte Virginier-Variante mit geringen Nikotinwerten mit einem Mundstück aus Stroh und einem Durchzugshalm aus Espertogras, mit der man versuchte, jüngere Raucher für die Virginier zu gewinnen. 5 Stück gab es damals pro Schachtel um 20,- Schilling. Zimmel resümiert heute: „Das hat damals leider nicht funktioniert."


Von intensiven Förderungsmaßnahmen ließ sich die Austria Tabak aber dennoch nicht abbringen: So wurde etwa die Woche vor dem Vatertag als „Woche der Zigarre" deklariert, Kleinanzeigen in Tageszeitungen (!) wurden geschalten, eine Kleberaktion in Trafiken wurde gestartet, um auf die Zigarre als ideales Vatertagsgeschenk aufmerksam zu machen. In Kinos in ganz Österreich wurde ein Kurzfilm über die Produktion der „Imperiales Superiores" gezeigt (!). Eine der wichtigsten Maßnahmen war die Gastronomieaktion. Ausgehend von den Erkenntnissen, dass das, was in anderen Ländern bereits selbstverständlich war, nämlich, dass in guten Restaurants dem Gast nach dem Essen neben einem Digestif auch eine gute Zigarre angeboten wurde, das war in Österreich nur sehr vereinzelt zu finden. Deshalb hat die Austria Tabak von der Kunsthochschule Linz eine Gastronomiekassette aus edlem Holz entwickeln lassen, in der hochwertige Zigarren aus Österreich angeboten werden sollten. Die Kassetten wurden interessierten Gastronomiebetrieben zu einem „stark gestützten Preis" überlassen und dazu Schulungen angeboten. Mit all diesen Maßnahmen wollte die Austria Tabak dafür sorgen, dass sich „das genussvolle Zigarrenrauchen" in Österreich wieder stärker durchsetzt. 6


Doch der Zigarrenumsatz wollte und wollte nicht ins Laufen kommen. 1981 hatte sich der Rückgang neuerlich verstärkt. Während die Abnahme des mengenmäßigen Zigarrenumsatzes 1980 bei 2,6 Prozent lag, betrug diese Rate 1981 schon wieder 4,2 Prozent. Insgesamt wurden nur noch 47,6 Millionen Stück Zigarren im Inland verkauft. Allerdings lag man mit diesem Ergebnis in Österreich deutlich hinter den noch viel dramatischeren Ergebnissen anderer europäischer Märkte. Bemerkenswert an der Entwicklung des Zigarrenumsatzes war, dass Spitzenmarken wie die „Imperiales Superiores", „Selectos" und „Carmen" sogar Zuwachsraten aufwiesen. Die Einbußen rekrutierten sich vorwiegend aus dem niedrigpreisigen Sortiment. Der Trend zur teureren, exquisiten Zigarre hatte sich also auch in Österreich breit gemacht. Im Detail erreichten die Zigarren folgenden Anteil am Gesamtabsatz Zigarren: die „Imperiales Superiores" kam auf 6,11 Prozent, die „Imperiales" in der 10er-Packung erreichte 6,22 Prozent, der 2er-Pack derselben Zigarre kam auf 26,54 Prozent, die „Carmen" im 5er-Pack erreichte 8,70 Prozent und im 10er-Pack 7,90 Prozent. Die Billigmarken „Spezi", „Senor" und „Rosales" gingen im Schnitt um 9,50 Prozent zurück.


Mit der „Falstaff" setzte Austria Tabak in diesem wirtschaftlichen Umfeld im Juni 1982 wieder ein Ausrufezeichen. Mehr als 120 Genießer aus Wirtschaft und Politik folgten dem Ruf zur Präsentations-Gala ins Hotel Imperial. Dass die neue Zigarre diesen Namen erhielt, war allerdings kein Zufall, sondern drückte vielmehr die enge Beziehung zum Falstaff-Magazin aus, das zur Verteidigung des kultivierten Genusses angetreten war. Die „Falstaff" ist das dunkle Pendant zu der hellen Spitzenzigarre „Imperiales". Sie wurde vom damals noch stellvertretenden Generaldirektor Beppo Mauhart als „wohlgeformte Tochter aus Brasilien" beschrieben. Eine Brasil-Zigarre also, nicht nur als Deckblatt, sondern auch mit einem hohen brasilianischen Filler-Anteil. Die „Falstaff" wurde als Corona Grande auf den Markt gebracht - Länge 150 mm, Durchmesser 18 mm. Wie schon bei der ersten boxpressed Zigarre, der „Porto Especial", war auch die „Falstaff" einzeln in eine Zedernholzfolie eingewickelt und beringt. Der Stückpreis lag bei 25,- Schilling. 7


Im selben Jahr 1982 brachte Austria Tabak die „Falstaff" auch in einer „taschengerechten" Vierer-Verpackung zum Preis von 100,- Schilling auf den Markt. Der Hintergedanke: so konnte die „Falstaff" auch als kleines, repräsentatives Geschenk gekauft werden. Zeitgleich machte eine Firma aus dem Schweizer Pfeffikon von sich reden: Villiger. Mit der „Villiger Export" kam deren erste Zigarre nach Österreich. Eine starke Vierkantpressung mit einem Sumatra-Deckblatt, einzeln in Seidenpapier eingeschlagen. Verkauft wurde die „Villiger Export" zu 5 Stück in cellophanierten Kappschachteln zum Preis von 36,- Schilling.
Die Austria Tabak arbeitete ihrerseits weiter an ihrem Luxus-Portfolio. Die nächste Zigarre war die „Idomeneo", ebenfalls eine Corona Grande mit denselben Abmessungen wie die „Falstaff". Handsortierte, edelste Tabake aus Übersee, so warb die ATW, und eine speziell komponierte Einlage aus Havanna-Tabaken sollen für den exzellenten Geschmack sorgen. Angeboten wurde die „Idomeneo" in Edelholzkassetten zu 25 Stück, jede einzelne in Zedernholzfolie eingewickelt und darüber hinaus in einer Alu-Tube verschlossen.
Trotz all dieser Anstrengungen bereitete der Austria Tabak der Zigarrensenktor nach wie vor große Sorgen. Ungeachtet der verstärkten Verkaufsförderung sank der Mengenabsatz bei Zigarren von 1981 zu 1982 um 9,7 Prozent auf 42,9 Millionen Stück. Die wertmäßige Entwicklung hielt dank der jüngst auf den Markt gebrachten Luxuszigarren dagegen und man konnte ein Plus von 2,2 Prozent erwirtschaften. 8
Zu diesem Zeitpunkt hielten die „Imperiales Superiores", die „Falstaff" und die „Mozart Idomeneo" einen Anteil von 2 Prozent des gesamten Zigarrenumsatzes der ATW. Die Zigarre selbst machte nur 0,89 Prozent am Gesamtumsatz der Austria Tabak aus. Dennoch erklärte Generaldirektor-Stellvertreter Beppo Mauhart anlässlich eines Besuches mit Journalisten in der Fabrik Fürstenfeld im Sommer 1983, er wolle „der Zigarrenproduktion einen festeren Boden erarbeiten." 9

 

©Spreitzer

 

1 Austria Tabak Information 2/1976
1a Wirtz, Dieter H., Davidoff - Legende-Mythos-Wirklichkeit, Econ Verlag, Berlin 1981
2 Austria Tabak Information 4/1977
3 Austria Tabak Information 2/1978
3a Eldar Tusmuchamedoff, Kleine Meilensteine: Zigarren-Erfindungen, In: Cigar Clan Nr.2 (1-2006)
4 Austria Tabak Information 2/1979
5 Austria Tabak Information 2/1980
6 Austria Tabak Information 2/1981
7 Austria Tabak Information 2/1982
8 Austria Tabak Information 2/1983
9 Austria Tabak Information 3/1983

Bildquellen: KP Plattner, Austria Tabak Information

 

 

 

 

 

 

 


Impressum  Buchungsbedingungen  Werberichtlinien  Nutzungsbedingungen  E-Mail